Omid Delawar und ANton Spitzer

22. Dez 2017
Ziemlich beste Freunde: Omid und Toni

Omid Delawar migrierte aus dem Iran und kam über ein Integrationsprogramm der österreichischen Wirtschaftskammer zu uns in die Firma. Inzwischen sind er und sein Mentor Anton Spitzer mehr als nur Kollegen. Im Interview erzählen die beiden von ihren Erfahrungen.

Toni und Omid, wie habt ihr euch kennengelernt?

Toni: Das Integrationsprogramm der WK ging über 6 Monate und beinhaltete auch ein Mentoring-Projekt: „Leistungspartnerschaft statt Sozialprojekt“. Damit sollten qualifizierte Migrant*innen, die in ihrer Heimat bereits eine gute Ausbildung genossen haben, durch ausgesuchte Mentor*innen aus verschiedensten Branchen dabei unterstützt werden, auf dem österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Seit 2008 gab es bereits 24 Durchgänge des Projekts mit knapp 900 Mentoringpaaren in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol, Salzburg und der Steiermark.
Eine damalige Kollegin aus der HR-Abteilung der Porsche Holding nahm daran teil. Sie kannte mich und fragte, ob ich in diesem Projekt als Mentor mitwirken möchte. Meine Aufgabe war es, eine Lebensunterstützung zu geben, etwa bei Behördengängen, oder wenn sich Probleme auftun, einfach zu helfen. Wichtig dabei: Der Mentor sollte nicht Tätigkeiten oder Erledigungen für seinen Schützling machen, keine „Erziehungs- und Führungsperson“ sein, sondern ein Wegbegleiter in die Selbstständigkeit.

Omid: Im Iran war ich selbständiger IT-System Engineer. Ich habe zufällig von diesem Projekt gehört und mich um die Teilnahme beworben. Wir lernten uns dann bei einer Auftaktveranstaltung der WK im Oktober 2013 kennen. In Salzburg war dies quasi ein Pilotprojekt, und wir beiden damit sozusagen „Pilotpartner“.

Omid, wie bist du nach Salzburg gekommen?

Omid: Mein Weg brachte mich zufällig nach Salzburg. Als ich mein Heimatland, den Iran, mit meiner Frau verlassen habe, sind wir über die Türkei nach Österreich gereist, genauer gesagt nach Linz. Von dort wollten wir weiter nach England, weil ich sehr gut Englisch spreche.
Leider war dann in Linz Endstation, man wollte uns nicht weiter nach England ausreisen lassen. In Oberösterreich gab es keine freien Plätze für neue Migranten. Insofern sind wir dann zufällig in Salzburg gelandet. In Salzburg gab es einen Fonds, der Menschen bei der Integration hilft, und dort wurde mir angeboten, einen Deutschkurs zu machen. Dort habe ich dann Julia aus der Porsche Holding kennengelernt.

Omid Delawar

Wie kamst du dann zur Porsche Informatik, denn dieses Projekt war ja zunächst privater Natur?

Omid: Im Rahmen des Projekts wurden mit Unternehmen Praktikumstage vereinbart. Toni hat mir angeboten, dieses Praktikum in der Porsche Informatik zu absolvieren. Zuerst tageweise und dann über mehrere Monate.

Toni, wie war deine Erfahrung im Konzern? Wurdest du unterstützt oder wurden dir Steine in den Weg gelegt? War es schwierig, dieses Praktikum und deine Unterstützung durchzusetzen?

Toni: Nein, eigentlich war es ganz unkompliziert. Die Geschäftsführung hat ihr Einverständnis gegeben und alles Weitere habe ich dann selbst erledigt. Auch meine Führungskräfte haben mitgeholfen, Omid in der Porsche Informatik zu integrieren.

Was war der ausschlaggebende Faktor, dass du dich in diesem Projekt engagierst? Das ist ja keine leichte Aufgabe, sondern mit viel Verantwortung verbunden.

Toni: Das klingt jetzt zwar komisch, aber als ich vor vielen Jahren in Salzburg als deutscher Staatsbürger zu arbeiten begonnen habe, war das damals mit einem massiven Arbeitsaufwand, sprich mit unglaublich vielen Behördenwegen verbunden. So musste ich beispielsweise jedes Jahr im AMS vorstellig werden, um für ein weiteres Jahr eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Von daher wusste ich, dass es sehr schwer und aufreibend sein kann, insbesondere für Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist!

Omid, wie waren deine ersten Erfahrungen in der Porsche Informatik?

Omid: Zuerst durfte ich in einige Abteilungen der Infrastruktur hineinschnuppern, bis ich dann fix in das Team Benutzerservice kam. Dort absolvierte ich ein weiteres Praktikum von fünf Monaten. Die Kollegen der Infrastruktur und insbesondere dieses Team haben mich sofort integriert und gaben mir viel Unterstützung.

Wie ging es dann weiter? Mittlerweile hast du ja eine fixe Anstellung bei uns.

Omid: Ich ging zum AMS und fragte, ob ich eine Lehre zum IT-Engineer absolvieren dürfte, damit ich auch in diesem Land eine anerkannte Ausbildung habe. Leider wurde dieses Anliegen zuerst abgelehnt, hier hat mir dann Toni geholfen. Mit einem Anruf und einer etwas ausführlicheren Diskussion mit der freundlichen Sachbearbeiterin konnte er klarstellen, dass ich der richtige Kandidat für eine solche Ausbildung und die zugehörige Unterstützung durch das AMS bin. Und somit konnte ich heuer meine Lehre erfolgreich abschließen. Wobei ich ergänzen möchte, dass ich – im Unterschied zu „normalen“ IT-Lehrlingen – auch noch zusätzliche Abschlüsse in Mathematik, Physik und Netzwerktechnik erworben habe.

Omid und Toni

Wie fühlst du dich in deiner neuen Heimstadt? Hast du vor, zu bleiben, oder wie sehen deine weiteren Ziele aus?

Omid: Ich fühle mich sehr wohl in meiner neuen Heimat, insbesondere in der Porsche Informatik. Hier fühle ich mich zu 100% integriert. Außerhalb der Firma stoße ich nicht immer auf Wohlwollen, manchmal begegnen mir die Menschen mit etwas Misstrauen. Aber sobald sie sehen, wie gut ich mittlerweile deutsch spreche und dass ich versuche, mich voll zu integrieren, ändert sich die Stimmung fast immer ins Positive. Meine Frau und ich haben inzwischen einen Antrag auf die österreichische Staatsbürgerschaft gestellt.

Toni: Omid ist ein Mensch, der sehr strebsam und selbstständig ist. Er hat eigentlich in all den Jahren sehr wenig Unterstützung von mir benötigt. Er ist ein ehrgeiziger Mensch mit Integrationswillen und unglaublich positiv und freundlich.

Omid, du arbeitest mittlerweile im Netzwerk First-Level Support. Wie kommst du mit den Kunden und Kolleg*innen zurecht? Gibt es gelegentlich Sprachschwierigkeiten oder hattest du auch schon negative Erlebnisse im Support?

Omid: Anfänglich hatte ich etwas Angst, mein Deutsch war noch nicht so gut. Aber ich habe mich vor jedem Kundentelefonat so gut es ging vorbereitet und wurde von meinen Kollegen immer sehr gut unterstützt. Ich habe schnell gemerkt: Wenn man mit fachlichem Wissen und Selbstvertrauen agiert, dann funktioniert das eigentlich sehr gut.
Mein Selbstvertrauen ist mit den Jahren gewachsen, mein Deutsch wird immer besser und wenn mich Kunden loben, dann trägt das weiter zu meiner positiven Entwicklung bei. Gelegentlich gibt es schwierige Situationen, da übernehmen dann auch mal Kollegen einen Supportfall von mir.

Toni, deine Mentorentätigkeit ist vorüber. Wie betrachtest du jetzt eure „Beziehung“?

Toni: Ich werde Omid weiterhin helfen, wenn er mich braucht. Als Mentor übernimmt man auch Verantwortung für einen Menschen, und so eine Verantwortung gibt man nicht nach sechs Monaten wieder ab. Das ist eine Verantwortung fürs Leben, die zwar im Laufe der Zeit weniger wird, aber die Beziehung bleibt.
Ich muss gestehen, so eine Verantwortung geht auch ein bisschen an die Substanz und kostet Energie und Kraft, aber ich werde Omid gerne weiterhin unterstützen, wo es nötig ist. Omid ist ja nicht meine einzige Verantwortung. Ich habe auch in Nepal vor vielen Jahren eine Patenschaft für einen jungen Nepalesen übernommen. Heute kann dieser junge Mann studieren und hat eine gute Zukunft in Aussicht.

Omid: In einer Metapher gesprochen, ist Toni für mich kein Auto, sondern ein Navigationsgerät, das mich leitet und sicher an mein Ziel bringt.

Omid Delawar

Omid, hast du dir berufliche Ziele für die nächsten Jahre gesteckt oder vertraust du einfach weiter auf das Schicksal? Der Zufall hat dich bis dato ja recht wohlwollend Schritt für Schritt weitergeführt.

Omid: Ich habe keinen Jahresplan, aber ich bin ehrgeizig und positiv gestimmt. 2017 habe ich zwei weitere Cisco-Zertifikate erfolgreich absolviert und arbeite nun an meiner Ausbildung zum „CISCO-certified Network Professional“. Für alles Weitere vertraue ich auf mich und mein Schicksal, meine Zuversicht und meine positive Grundeinstellung.

Omid und Toni, habt ihr Tipps und Ratschläge für Menschen in ähnlichen Situationen?

Omid: Niemals aufgeben! Man muss selbst aktiv sein und nicht warten, dass was passiert. Ich lerne viel in meiner Freizeit. Und man sollte keine Angst haben. Viele Menschen haben Angst, Dinge auszuprobieren, aber das ist der falsche Weg. Man wird vom Leben belohnt, wenn man was dafür tut und ehrgeizig ist.

Toni: Dem kann ich nur zustimmen. Selbst aktiv zu sein, „ZU WOLLEN“, selbstbestimmt seinen Weg gehen, das gibt Mut und führt zum Erfolg. Und wie man sieht, zur erfolgreichen Integration!

Vielen Dank euch beiden für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft!
Michaela Alker

hatte in ihren 16 Jahren bei uns bereits die unterschiedlichsten Jobs im Bereich Infrastruktur inne. Derzeit ist sie für Kommunikation und Wissensmanagement im Bereich Infrastructure & Common Platforms zuständig.